Wer einmal kurz und präzise gefasst nachlesen möchte, was die Argumente dafür sind, dass sich die Wirtschaft, wenn sie nachhaltig werden will, vom Wachstumsparadigma verabschieden muss, ist mit dem Bändchen „Es reicht! Abrechnung mit dem Wachstumswahn“ des Franzosen Serge Latuche bestens bedient. Auf nur 200 DIN-A-6-Seiten und versehen mit einem Vorwort von einem der radikalsten Wachstumkritiker hierzulande, Niko Paech, legt Latouche, emeritierter Wirtschaftswissenschaftler dar, warum Wachstum als Ziel und Konzept dauerhaft auf einem endlichen Planeten nicht funktionieren kann. Dabei vermeidet es der Wissenschaftler, der sich neben Ökonomie auch noch mit Philosophie auskennt, sich in ideologischen Scharmützeln wie der Debatte Kapitalismus versus Sozialismus oder Kommunismus zu verstricken. Vielmehr argumentiert er konsequent mit den ökologischen, aber auch sozialen Grenzen, die das Wachstumskonzept erreicht oder überschreitet: Wenn fürs Wachstum alles zur Ware gemacht wird, wo ist dann der Platz für Menschlichkeit. Latouche arbeitet sich bei seinem Konzept der Wachstumsrücknahme an den Begriffen Reevaluation und Rekonzeptualisierung (unserer Werte), Restrukturierung (unseres Produktionssystem entsprechend dem neuen Wertesystem), Redistribution (des Reichtums weltweit), Relokalisierung (der Ökonomie), Reduktion (des Verbrauchs) und Recycling (von Gütern und Waren) entlang, was zeigt, dass er es für unmöglich hält, ein nachhaltiges Wirtschaftssystem ausschließlich durch den Einsatz neuer technologie zu schaffen. In der Tradition von Denkern wie Illich fordert er, ausgehend von lokalen Initiativen, den Aufbau einer neuen, auf Konvivalität fokussierten Gesellschaft, die Wachstum nicht mehr will, weil es dem zentralen Konzept einer solchen Gesellschaft, nämlich dem gedeihlichen menschlichen Miteinander, ab einem bestimmten Punkt im Wege steht, den westliche Zivilisationen längst überschritten haben. Interessant ist, wie Latouche Menschenrechte und Humanismus diskutiert: Weder möchte er eine Gesellschaft, in der der Mensch als Gipfel der Schöpfung betrachtet wird, noch argumentiert er wie radikale Tierrechtler, die gar keinen Unterschied zwischen Mensch und Tier mehr machen wollen. Vielmehr sucht er auch hier einen Mittelweg, der Lebewesen und auch Dinge wieder in ihrer Einmaligkeit und Existenzberechtigung würdigt, statt sie um des Gewinns und des Wachstums willen sinnlos auszurotten oder vorzeitig zu zerstören, damit neu gekauft werden muss oder weiter gewachsen werden kann.

Bibliographie: Serge Laltouche: Es reicht! Abrechnung mit dem Wachstumswahl. Mit einem Vorwort von Niko Paech. Gebunden, 200 Seiten, Oekom-Verlag, München 2015. ISBN9-783865-817075, 14,95 Euro.

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