Von der Windindustrie erhoffen sich viele erhebliche Beiträge zur Energiewende. Andererseits rührt sich aber auch erheblicher Widerstand. Wer besser verstehen will, was Windgegner an- und umtreibt und sich ein eigenes Urteil über deren Argumente bilden möchte, sollte „Geopferte Landschaften. Wie die Energiewende unsere Umwelt zerstört“, herausgegeben von Georg Etscheit, einem Journalisten, der für die erste Sahne der deutschen Medien (Zeit, Süddeutsche Zeitung, dpa) schreibt, lesen. Etscheit lässt in dem Band alle zu Wort kommen, die die Windkraftgegner in Deutschland mit Argumenten befeuern. Diese im Einzelnen zu bewerten, möchte ich dem lesenden Publikum überlassen .
Die Herangehensweise ist jedenfalls umfassend – von Senior-Naturschützen wie dem Ex-BUND (Bund Naturschutz Deutschland)-Chef Hubert Weinzierl oder Enoch zu Guttenberg über Künstler, Geistliche, heimatverbundene Einzelpersonen bis hin zu Energiespezialisten wie dem Physiker Dirk Dubbers und dem Wirtschaftswissenschaftler Dr. Nikolai Ziegler, der heute dem Verband Vernunftkraft, einer Vereinigung von 600 Anti-Windkraft-Initiativen vorsteht, bis hin zum Wachstumskritiker Niko Paech, der in Bescheidenheit und Schrumpfung die einzige Lösung für das ökologische Dilemma sieht. Paech gibt aber im Gespräch auch gern freimütig zu, dass er eine echte Chance für sein Credo nur nach großangelegten Katastrophen annimmt.
Die Alternativen außer Schrumpfung sind rar. Aussagen wie die, es sei doch sehr gut, dass Öl in Zukunft in den Teersänden Alaskas abgebaut werde – schließlich handele es sich bei den USA und Kanada im Gegensatz zu den jetzigen Ölförderländern um Demokratien oder die, man könne doch in der Wüste Strom erzeugen, um den Maghreb und dann Westeuropa mit Elektrizität zu versorgen, machen nachdenklich. Als ob es in Alaska keine Bewohner gäbe, die sich genauso verzweifelt gegen den landschaftszerstörenden Teersandabbau stemmten wie die bayerischen „Ureinwohner“ gegen Windmühlen im Oberland. Und als ob es nicht weit naheliegender wäre, überschüssige Strommengen aus der Sahara nach Schwarzafrika zu leiten statt ausgerechnet nach Westeuropa. Hier wird die Welt immer noch behandelt, als sei sie einzig dafür gemacht, von den Industriegesellschaften zum eigenen Nutzen abgeweidet zu werden – nur am besten nicht da, wo man sich selbst befindet.
Ob man die Argumente der Windgegner nun teilt oder nicht, das lesenswerte Buch macht nachdenklich, und sei es nur deshalb, weil es wieder einmal vor Augen führt, wie schwierig bis unmöglich es ist, bei Fortführung unseres derzeitigen Wachstumsmodells umweltverträgliche und vor allem Natur bewahrende Lösungen für die Energieversorgung zu finden.
Georg Etscheit (Hrsg.) Geopferte Landschaften. Wie die Energiewende unsere Umwelt zerstört. Broschiert, 367 Seiten, farbige Fotografien. Heyne-Verlag, München, 1996. ISBN 978-3-453-20127-9, 16,99 Euro.