Ressourcenthema ohne Katastrophismus gedacht

Bücher über Ressourcenmangel gibt es reichlich, seit die Befürchtung Raum greift, Mangel an Wasser, fruchtbarem Boden oder Klimaschöden könnten das Los der Menschen auf der Erde dauerhaft verschlechtern. Der Anfang des Jahres im oekom-Verlag erschienene Band „Wettstreit um Ressourcen“ betrachtet das Thema kritisch und bürstet einige gern geäußerte Themen gegen den Strich. Weil das Buch aus einer Ringvorlesung der Universität Osnabrück und Vorträgen im Rahmen anderer Veranstaltungen entstanden ist, geschieht dies in Form einzelner, voneinander unabhängiger Beiträge, zu denen jeweils reichlich Sekundärliteratur angegeben ist, so dass man bei Themen, die besonders interessant erscheinen, Stoff zum Weiterlesen findet.
Die Aufsätze gliedern sich in drei Bereiche: Teil I befasst sich generell mit der Frage, ob und in welchem Umfang Ressourcenmangel politisch in einen Sicherheitskontext eingeordnet und zur Ursache sozialer, gesellschaftlicher oder kriegerischer Konflikte werden oder bereits geworden sind.
Teil II betrachtet das Thema Klimawandel, Teil III Wasser und Boden als bedrohte Einzelressourcen.
Die beiden Aufsätze des ersten Teils versuchen, die Reichweite des Themas abzustecken. Dabei geht es zum einen in die häufig zu beobachtende Integration von Ressourcenfragen in sicherheitspolitische Kontexte. Dabei unterscheidet der Autor einerseits zwischen geografischen Bezügen wie global/regional, zwischenstaatlich oder innerstaatlich und dem jeweiligen Ressourcenbezug (Knappheit, Überfluss, Abhängigkeit). Je nachdem, ob eine Ressource knapp, reichlich oder aber das Land prägend erscheint, bedeutet das auf jeder geografischen Ebene charakteristische Konfliktmöglichkeiten, die der Beitrag herausarbeitet. Der Autor versucht zu beschreiben, was dazu führt, dass Prozesse, die sich entlang der Verfügbarkeit von Ressourcen entwickeln, immer stärker in Kriterien der Sicherheitspolitik diskutiert werden – und unter welchen Umständen auch eine Rücknahme der Securitization möglich ist oder aber ihr Entstehen verhindert werden kann. Der zweite Beitrag beschreibt, welche gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen dazu führen können, dass Ressourcenknappheit und –überfluss zu konflikten führen. Dabei setzt sich der Autor intensiv mmit dem vorhandenen Studienmaterial und den zum Teil nicht ausdiskutierten Theorien über Ressourcen als Konfliktursache auseinander.
In Teil II mit insgesamt fünf Aufsätzen geht es explizit um das Thema Klimawandel. Diskutiert wird beispielsweise, ob der Klimawandel den globalen gesellschaftlichen Trend zu weniger Gewalt, der statistisch belegt ist, umkehren könnte (dazu gibt es keine eindeutige Antwort). Mit Otmar Edenkofer befasst sich ein Spezialist mit den Entwicklungen der aktuellen Klimapolitik nach Durban. Ein dritter Aufsatz begründet, warum Klimapolitik gewissermaßen die zukünftige Weltpolitik ist beziehungsweise sein muss. Der Beitrag weist aber auch darauf hin, dass es immer schwerer werden dürfte, sich international zu vertrauen, wenn der Klimawandel ungebremst fortschreitet und fordert deshalb zu schnellem Handeln auf, im zweifel auch in kleinen internationalen Koalitionen ohne die Bremser der Klimapolitik wie USA und China. Ein weiterer Beitrag befasst sich mit der Unterechtigkeit des Klimawandels, der genau die am härtesten trifft, die am wenigsten zu ihm beitragen, und deren Auswirklungen. Schließlich geht es in einem Text um die in der EKD-Denkschrift „Umkehr zum Leben – Nachhaltige Entwicklung im Zeichen des Klimawandels“ aufgestellten Normen und ihre Anwendung in der Evangelischen Kirche Deutschlands. Hier zeigt sich, dass der ernsthafte Versuch, eine Organisation klimagerecht auszurichten – die Nordkirche der EKD möchte bis 2050 kohlendioxidfrei sein und schon bis 2017 ihre Emissionen um ein Viertel senken. Beim Bericht über die Bestrebungen zeigt sich, dass hier durchaus tief in die Lebensweise der einzelnen Kirchenmitarbeiter und –mitarbeiterinnen eingegriffen wird.
Teil III befasst sich mit zwei für das Überleben der Menschheit besonders wichtigen Ressourcen: Wasser und Boden. Dabei gilt es festzustellen, dass es keine Grundlage dafür gibt, anzunehmen, Wasserknappheit führe automatisch zu Kriegen. Die vorhandenen Daten jedenfalls, auf die sich gleich mehrere Aufsätze in diesem Themenbereich beziehen, sagen etwas anderes: Nur eine einstellige Zahl der Wasserkonflikte endete in Kriegen, etwas eher resultierten sie in innerstaatlichen Konflikten. Betont wird die Notwendigkeit, kooperative Governance gemeinsam genutzter Wasserressourcen zu fördern.
In den drei abschließenden Texten geht es um das Thema Land und Landgrabbing. Hier wird das derzeit herrschende Denkparadigma, es gehe vorwiegend darum, Eigentumstitel auszustellen, anhand der Resultate dieser Politik in verschiedenen Regionen in Frage gestellt. Am Beispiel von Nordafrika wird versucht, die Rolle des Ressourcenmangels beim Entstehen des sogenannten Arabischen Frühlings genauer zu analysieren. Schließlich nimmt ein Aufsatz die Landnahme zum Zweck des ökologischen Schutzes in den Blick. Wer sich für grundlegende Ressourcenthemen und einen Diskurs abseits des populärwissenschaftlichen Mainstreams mit seinem katastrophensüchtigen Unterton interessiert, findet in dem broschierten Buch einen guten Einstieg ins Thema.

Bibliographie: Ulrich Schneckener, Arnulf von Scheliha, Andreas Lienkamp, Britta Klagge (Hrsg.): Wettstreit um Ressourcen. Konflikte um Klima, Wasser und Boden. Broschiert, 278 Seiten, 14 Einzelbeiträge, jeweils mit ausführlichen Angaben zur Sekundärliteratur. Oekom-Verlag, München, 2014. ISBN 9-783865-814210, 29,95 Euro.

(Wie) Geht Nachhaltigkeit psychologisch?

Nachhaltigkeit ist inzwischen eine Art Zauberwort, in das sich nahezu alles einpacken lässt. Der Begriff wird heute derart verwässert, dass man auch dauerhaftes Wirtschaftswachstum als nachhaltig begreift, was ja eigentlich genau das Gegenteil ist, nämlich nicht nachhaltig. Zwei Bücher aus dem oekom-Verlag beschäftigen sich mit der Frage, wie wirkliche Nachhaltigkeit – also dauerhaftes menschliches Leben auf einer Erde mit den vorhandenen Ressourcen, ohne den Nachkommen und anderen Lebewesen die Lebensmöglichkeiten über Gebühr zu beschneiden, aussehen könnte.
Das erste, „Damit gutes Leben einfacher wird“ befasst sich mit den Rahmenbedingungen, die der Staat setzen müsste (es aber häufig unterlässt), damit suffizientes Verhalten nicht das schweißtreibende und noch dazu gesellschaftlich relativ ineffiziente Hobby einzelner Gutwilliger bleibt, sondern zur gesellschaftlichen Leitlinie wird. Und es räumt auf mit dem Vorurteil, dass dauerhaftes Wachstum auch in den entwickelten Ökonomien irgendetwas mit Lebensqualität zu tun hat. Geschrieben haben es Uwe Schneidewind, Leiter des Wuppertal-Instituts für Klimaforschung, und Angelika Zahrnt, langjährige Vorsitzende des Bund Naturschutz und bis heute Mitfrau des Rates für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierun. Die beiden legen ein viergliedriges Konzept zugrunde und untermauern dieses dann mit Maßnahmen, die in vier Kapiteln dargestellt werden. Als die vier Säulen ihres Konzepts nennen sie Ermöglichen, Rahmensetzung, Gestaltung und Orientierung (ERGO). Die einzelnen Maßnahmen, die in den vier ersten Kapiteln (eins zu jeder Säule) vorgeschlagen werden, sind dabei an sich nichts Neues (dezentrale Energieversorgung und Energieeinsparung, ökologische Steuerreform, Entschleunigung, Verteuerung des Flugverkehrs….). Sie werden hier aber unter dem Label Suffizienzpolitik konsequent zu einer sinnvollen Einheit verschweißt, die von Anfang an klar macht, wohin das Ganze zielt: Nämlich auf ein gutes Leben trotz sehr geringem oder keinem Wirtschaftswachstum. Dass der Zug, strebt man Nachhaltigkeit an, unweigerlich in diese Richtung fährt, darum reden sich die meisten Umweltpolitiker inzwischen nämlich vornehm herum, sogar bei den Grünen ist heute leider von „Green Growth“ statt von Suffizienz und damit Wachstumsverzicht die Rede. Ein weiteres Kapitel befasst sich mit der Rolle der Zivilgesellschaft, von der momentan die konsequenteren Ansätze in dieser Richtung ausgehen. Die Autoren zeigen auf, wie Bürger, Umweltverbände, Gewerkschaften, Wissenschaft, Unternehmen und andere sich auf den Weg zur Suffizienz machen können. Das Büchlein im handlichen Kleinformat passt in jede Tasche und eignet sich daher als argumentative Munitionierung für entsprechende Debatten.
Das zweite Buch, „Psychologie der Nachhaltigkeit“, befasst sich mit der interessanten Frage, welche seelischen Ressourcen eigentlich dem Wachstum gerwöhnten Menschen der Neuzeit zur Verfügung stehen, um mit einem Verlust an Wachstumsperspektiven auf der materiellen Ebene fertig zu werden. Nach der Analyse der bisherigen Forschung aus verschiedenen Gebieten ordnet der Autor das Thema in einen theoretischen Rahmen ein, die sogenannte Genuss-Ziel-Sinn-Theorie des subjektiven Wohlbefindens, die sich grob dahingehend zusammenfassen lässt, dass es sich, zumindest wenn ein Minimum materieller Güter vorhanden ist, lohnt, sich stärker auf immaterielle Ziele zu konzentrieren, um Glück, Zufriedenheit und Lebenssinn zu steigern. Damit dies gelingen kann, identifiziert der Autor sechs Ressourcen, nämlich Genussfähigkeit, Selbstakzeptanz, Selbstwirksamkeit, Achtsamkeit, Sinnkonstruktion und Solidarität, die, optimal ausgeschöpft, erreichen können, dass Menschen sich von Gelderwerb als Glücksquelle ab- und anderen Themen zuwenden. In den nachfolgenden Kapiteln untersucht er, wie einzelnen gesellschaftliche Akteure, angefangen beim Individuum bis hin zu Organisationen aller Art und zum Gemeinwesen (Gemeinde, Land, Staat…) dazu beitragen können, dass die vorher definierten Ressourcen optimal entwickelt und genutzt werden können.
Dankenswerterweise setzt sich der Autor auch damit auseinander, was es bedeutet, wenn einzelne Ressourcen „überentwickelt“ werden: Wer nur an den Genuss denkt, wird kaum aus Solidarität aus irgendwas verzichten, wer nur die Solidarität im Auge hat, wird wahrscheinlich schnell einem Burnout zum Opfer fallen und so weiter. Auch andere kritische Aspekte werden diskutiert, beispielsweise die der „positiven Psychologie“ häufig unterstellte fehlende Wissenschaftlichkeit oder das Problem, wer eigentlich bestimmt, wie viel Glück ausreicht und wie das überhaupt zu messen ist etc. Eine umfangreiche Literaturliste ietet Anregungen zum Weiterlesen. Leider ist das Buch im gegensatz zur ersten Publikation in einem zum Teil extrem hölzernen Wissenschafts-Jargon geschrieben, die an sich hochinteressanten Inhalte werden dadurch schwer verdaulich. Das ist schade. Wem ein Übermaß an -ung-, heit-, keit und Schachtelsätzen nichts ausmacht, wird das Buch trotzdem mit Gewinn lesen.

Bibliographie:
Uwe Schneidewind, Angelika Zahrnt: Damit gutes Leben einfacher wird. Perspektiven einer Suffizienzpolitik. Broschiert, 171 Seiten, oekom-Verlag, München, 2013. ISBN 9-783865-814418, 12,95 Euro.
Marcel Hunecke: Psychologie der Nachhaltigkeit. Psychische Ressourcen für postwachstumsgesellschaften. Broschiert, 121 Seiten, oekom-Verlag München 2013. ISBN 9-783865-814524, 19,95 Euro.

Wenn Ressourcen zu teuer werden

Wir alle verbrauchen Tag für Tag mit kurz- und längerlebigen Gebrauchsgütern erhebliche Mengen an mineralischen Ressourcen. Da ist es interessant, sich einmal mit der Geschichte der menschlichen Ressourcennutzung und ihrer Perspektive zu befassen und zu beleuchten, wie sich die Verwendung bestimmter Schlüsselressourcen technisch, wirtschaftlich und politisch auswirkte und wohl in Zukunft auswirken wird. Genau das tut Ugo Bardi in seinem Bericht an den Club of Rome „Der geplünderte Planet“, der 2013 im oekom-Verlag in München erschienen ist.
Das Interessante an der rund 350 Seiten langen Arbeit sind die unterschiedlichen Perspektiven, unter denen Bardi das Ressourcenthema beleuchtet. Da erfährt man beispielsweise im ersten Kapitel zur Herkunft von Bodenschätzen, dass diese mitnichten einfach irgendwo im Weltraum beschafft werden können – weil Erzlager wie auf der Erde nämlich zu ihrer Entstehung bestimmte tektonische Prozesse erfordern. Und die gibt es auf vielen Himmelskörpern gar nicht. Also gibt es dort wohl auch keine Kohleflöze, Goldminen oder Eisenbänder, Salzseen (Lithium) etc. Wir erfahren auch, dass Kohle nur deshalb entstehen konnte, weil damals wohl noch keine Bakterien existieren, die das Lignin des Holzes zersetzen konnten. Und dass sich Kohle damit nicht mehr erzeugen lässt, außer in aufwändigen technischen Verkohlungsprozessen.
Nachdenklich macht auch zu lesen, dass sich der herbeigeredete Boom der Atomenergie vor allem aus Waffendemontagen speist und dass schon heute nicht ausreichend Uranerz im Boden verfügbar wäre, um all die Kraftwerke mit Brennstoff zu versorgen, die geplant sind. Das wirft ein vollkommen neues Licht auf die Planungen, die immer wieder veröffentlicht werden. Auch den Boom beim Erdgas und selbst die angeblich „unendlichen“ Kohlevorräte bezweifeln die Autoren der jeweiligen Detaildarstellungen mit guten Gründen und Zahlen. Kurz: Bardi führt uns vor Augen, dass, man drehe es, wie man wolle, mit unserem ressourcenverschwenderischen Lebensstil leider in Zukunft kein Weiterkommen mehr ist.
Auch das sogenannte Urban Mining sieht Bardi nicht als die Generallösung, als die sie zur Zeit angepriesen wird. Denn erstens sei die Recyclingquote gerade bei High-Tech-Gütern mit seltenen Metallen, etwa Handys, geradezu erschütternd gering, und zweitens sei der Prozess des Urban Mining mit riesigen Schmelzöfen selbst sehr technologieaufwändig und energiefressend Die Recyclingraten flächendeckend und für alle wichtigen Rohstoffe so zu erhöhen, dass dies wirklich hilft, sei extrem schwierig. . Ein umfassendes halb informelles Recyclingwesen für Wertstoffe, wie es beispielsweise in Indien oder Teilen Afrikas und Südamerikas existiert, könne sich anderswo kaum durchsetzen, weil diese Arbeit als zu gefährlich, schlecht bezahlt und schmutzig gilt.
Immer wieder verweist Bardi auf die Willkürlichkeit von Ressourcen- und Reservenschützungen und das Schindluder, das mit ihnen im Dienst politischer Bestrebungen getrieben wurde und wird. Er zeigt an vielen Beispielen, dass wahrscheinlich viele Schätzungen zu optimistisch, aber auf jeden Fall nicht verlässlich sind, dass also viele Ressourcen durchaus plötzlich sehr teuer werden könnten. Er erklärt, dass man nicht davon ausgehen kann, dass Ressourcen tatsächlich „ausgehen“. Vielmehr sei es der steigende Preis des Abbaus, der die Förderung früher oder später uninteressant macht: Was teuer ist, wird spätestens dann unterlassen, wenn es mehr kostet als einbringt.
Die langfristige Alternative der Menschheit, so Bardi tröstlich, ist nun aber nicht zwangsweise das Zurück in die Erdhöhle in Sack und Asche, sondern eine Mischung aus Langlebigkeit, Reparaturfreundlichkeit, Recycling und Umstieg auf neue Materialien, die weniger selten sind. Denn elektrische Energie, der wichtigste „Rohstoff“, ließe sich, so Bardi, dezentral relativ unaufwändig erzeugen – allerdings werde er, so Bardi, nicht unbedingt wie heute immer, überall, jederzeit und in beliebiger Menge verfügbar sein. Der generierbare Strom werde aber wohl ausreichen, um auf absehbare Zeit mit technischem Geschick ein gewisses Komfortniveau vor Ort aufrecht zu erhalten – und überregional digital zu kommunizieren. Fragt sich, ob das so reizvoll ist wie heute, wenn man die Kommunikationspartner aus Energiegründen nur noch sehr selten wird besuchen können.

Bibliographie: Ugo Bardi: Der geplünderte Planet. Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen. Ein Bericht an den Club of Rome. Gebunden, 355 Seiten, zahlreiche s/w-Grafiken, Oekom-Verlag München 2013. ISBN 9-83695-814104, 22,95 Euro.