Im oberbayerischen Städtchen Rosenheim findet derzeit im bundesweit bekannten Ausstellungszentrum Lokschuppen eine sehr bemerkenswerte Ausstellung zum Thema Regenwald statt (noch bis 29.11.). Es folgt nun die lange Liste derer, die an der Konzeption und Durchführung beteiligt waren: Die Veranstaltungs- und Kongress GmbH Rosenheim, ein Unternehmen der gleichnamigen Stadt, die Staatlichen naturwissenschaftlichen Bayerns und das Museum fünf Kontinente. Zahlreiche Sponsoren haben das Projekt unterstützt, aber die lange Liste möchte ich aber den Leserinnen gern ersparen.
Die Ausstellung entwirft ein Rundum-Panorama des Themas Regenwald, und schon allein das ist ungewöhnlich. Die Schau beginnt mit dem Tier- und Pflanzenlebensraum Regenwald, seinen besonderen klimatischen, geografischen und biologischen Gegebenheiten. Anschließend geht es weiter zu den sich aus diesen Gegebenheiten ergebenden Lebensweisen indigener Völker in unterschiedlichen Weltregionen, in denen noch Regenwald existiert. Danach werden die koloniale Entdeckungs- und Eroberungsgeschichte des Regenwaldes, die Impulse, die er dem europäischen Kulturschaffen gegeben hat und noch gibt und seine Ausbeutung als Rohstoff-Reservoir der Industriegesellschaften dargestellt. Den Abschluss bilden einige heutige Ansätze, den indigenen Völkern besser gerecht zu werden und den Regenwald als Lebensraum zu schützen.
Viele multimediale Elemente sorgen dafür, das die Rezeptionsweisen jüngerer Menschen angesprochen werden und keine Langeweile aufkommt. An vielen Stellen kann man live beobachten, zum Beispiel den mit lebenden Ameisen bestückten Nachbau eines unterirdischen Nests von Blattschneiderameisen, auswählen, etwa welches Lebewesen man genauer kennenlernen möchte, selbst etwas ausprobieren, zum Beispiel einen Trommelrhythmus nachspielen oder flechten. Ein dominantes Element sind kurze Videos, die immer wieder eingestreut werden, um Dinge zu zeigen, die am stehenden Demonstrationsobjekt nun einmal schwer lebendig werden. So kann man das schmerzhafte Initiationsritual eines indigenen Stammes miterleben oder wie ein anderer Stamm ein Männerhaus baut, man kann per Boot durch den Regenwald gleiten, das Schrumpfen des Regenwalds über die Jahrtausende miterleben und Ausschnitte aus der Oper Fitzcerraldo sehen, in der der Regenwald eine Hauptrolle spielt.
Manchmal gerät man etwas durcheinander, weil die Ausstellung sich nicht einer speziellen Regenwaldregion, etwa dem Amazonasgebiet, widmet, sondern allen noch existierenden Regenwäldern der Erde. Allerdings wird so auch besonders deutlich, wie bedroht die Regenwälder weltweit sind, weshalb sie sich ähneln und wie dringend es ist, etwas zu ihrer Rettung zu unternehmen – unabhängig von ihrem Standort.
Bei den Lösungsansätzen hätte ich mir noch weit mehr gewünscht, es fehlten viele Initiativen, die ich an dieser Stelle erwartet hätte. Immerhin konnte man am Ende selbst Ideen für eigenes Verhalten oder Aktionen entwickeln und aufschreiben. Das ist zwar nett, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wohl massive Änderungen des Lebensstils in den industrialisierten und sich industrialisierenden Ländern, insbesondere beim Verbrauch fossiler Rohstoffe und von Holz, nötig sein werden, um den Regenwald zu erhalten. Mit Einkaufen im Bioladen allein ist es jedenfalls nicht getan. Trotzdem ist die Ausstellung auf jeden Fall empfehlenswert.
Ausstellung Regenwald, Lokschuppen Rosenheim, noch bis 29.11.2015. Geöffnet Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertag 10 bis 18 Uhr. Nähere Infos hier.