Gegen Marktwirtschaft nach Gutsherrenart: Der Brief an Amazon

Wer nicht möchte, dass am Ende Amazon vorschreibt, wie der Buchmarkt zu funktionieren hat, Inhalte an den Rand drückt, weil die Verlagspolitik dem Online-Fast-Monopolisten nicht passt, keine Lust hat, noch Jahre auf das Einschreiten der Kartellwächter zu warten und nicht will, dass an sich inhaltlich interessante Bücher aus der Amazon-Vorschlagsliste verschwinden, weil ihr Verlag bei den Margenverhandlungen gegen die übermächtige Amazon „bockt“, hat nun Gelegenheit, sich unkompliziert an den Protesten gegen Amazon zu beteiligen.

Wie das geht, steht hier. Und das betrifft selbstredend auch Personen, die lesen (also ziemlich viele) und nicht nur Personen, die schreiben. Merke: Der alte Spruch: „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt“ gilt auch im Umgang mit übermächtigen Online-Kraken! Zum Nachdenken über eine andere Wirtschaft gehört auch, dass man sich auch im Internet nicht von der glänzenden Fassade des Neuen blenden lässt, sondern Online-Unternehmen mit denselben kritischen Augen betrachtet und dieselben Maßstäbe anlegt wie sonst beispielsweise bei Chemie-, Rüstungs- oder sonstigen Unternehmen aus kritischen Branchen!!

Wer dem Monopolisten traut… Neues von Amazon

Die Verfechter von möglichst wenig Marktregulierung können im Moment auf dem Buchmarkt mal wieder lernen, wozu solche Zustände führen. Denn dort führt Amazon, so jedenfalls neueste Berichte des Handelsblatt, einen gnadenlosen Krieg gegen alles, das wagt seine eben für Monopolisten typischen Verhaltensweisen in Frage zu stellen. Amazon diktiert Margen und anderes, wer aufmuckt, wird abgestraft, indem seine Werke nur noch ganz hinten in der Trefferliste auftauchen, Lieferfristen länger angegeben werden als real etc. Wer kein sehr dickes Fell hat, verzichtet irgendwann möglicherweise frustriert darauf, seine Gedanken als Buch – ob nun digital oder nicht – zu publizieren.
Leider sind deutsche Buchkäufer (und Buchkäuferinnen!) noch immer zu bequem und zu gleichgültig, zu begreifen, was er mit der Anforderung eintägiger Lieferfristen eigentlich anrichtet – nicht nur in Bezug auf die Ökologie (Lieferverkehr!), die Ökonomie (Buchhandelssterben!) oder die Arbeitsbedingungen (Dauerlauf in den Auslieferungslagern), sondern auch in Bezug darauf, was Amazon mit seinen Verlags- und Autorenpartnern machen kann. Oft genug dürfte dann das Werk oder der Gegenstand, der mit so großer Eile bestellt wird, ohnehin tage- oder wochenlang unbeachtet im Regal liegen. Bittbriefe an Jeff Bezos halte ich da nicht für das taugliche Mittel. Das einzige Mittel, das Amazon verstehen dürfte, ist: Souverän ignorieren, wie viele Tage die Lieferung dauert. Ein Buch ist keine Frischfrucht. Es liest sich auch in einer Woche gut. Oder gleich zur nächsten Buchhandlung. Die freut sich, ihre Existenz erhält Arbeitsplätze und die Vielfalt der Städte.