Im Moment haben Analysen der Wirtschaftskrise und Kochbücher zu ihrer Bewältigung Konjunktur, und so wundert es nicht, dass auch Droemer hierzu beiträgt. Nämlich ein Buch, bei dem es darum geht, wie Europa aus der Krise kommen könnte. Die interessanteste Information dabei: Griechenland und Zypern sitzen auf gigantischen Gasreserven. Der Autor glaubt und belegt, allerdings hauptsächlich durch Berufung auf persönliche Gespräche, dass die USA im Moment den ganzen Nahen Osten inklusive Griechenland und Zypern gezielt destabilisieren, um sich die dortselbst lagernden Ölreserven billig und mit viel Gewinn anzueignen – damit sie anschließend die Europäer, in deren Gewässern sie gefunden wurden, teuer wieder von den US-amerikanischen Öldrillern zurückkaufen müssen. Nun sit diese Idee sicher angesichts der Ereignisse in Iran, Irak etc nicht vollkommen abwegig – aber angesichts der Ergebnisse dieser Strategie, so sie denn eine ist, sollte man annehmen, dass die Weltmacht langsam sieht, dass sie mit dieser Verfahrensweise auch nicht wirklich weiterkommt. Für seine These führt der Autor Dirk Müller, der im Buch immer mal wieder für seine kostenpflichtige Finanz-Informationsplattform wirbt, an, dass viel des politischen Personals Griechenlands aus denselben amerikanischen Hochschulen und damit demselben neoliberalen Geist entstammt und sich wahrscheinlich schon zu Studienzeiten kannte. Im Volksmund nennt man so was Cliquenwirtschaft. Ob tatsächlich der einzige griechische Präsident, der das griechische Gas angeblich in europäische Hände bringen wollte, fast einem US-geheimdienstlich inszenierten Mordkomplott zum Opfer gefallen wäre und nur deshalb zurücktrat, wie Müller behauptet, kann Leser/Leserin schlicht nicht beurteilen, da andere Quellen zum Gegenchecken fehlen.
Im Endeffekt lautet der Schluss des Autors: Europa gehe auch ohne den Euro, das heißt, Länder mit erheblichen Schulden sollten derzeit austreten oder eine Parallelwährung einrichten können. Wir müssten sogar viel stärker zusammenhalten, um endlich ein Gegengewicht gegen die übrigen Mächte zu bilden. Der Euro funktioniere nur mit einer politisch-wirtschaftlichen Union, in der es wie in allen großflächigen Unionen einen Finanzausgleich zwischen Arm und Reich geben müsse, damit die Sache gut läuft, weil es nun mal schwer vorstellbar sei, dass Griechenland oder Spanien dieselbe Produktivität und denselben Industriealisierungsgrad erreichen wie Deutschland. Als Hebel, letztlich zu einem einigen Europa zu kommen, sieht Müller eine europaweite Energiewende. Hier fragt sich allerdings, warum er zuerst so vehement auf die Gaserserven verweist, denn wenn Europa wegen Erneuerbarer autark werden würde, dann müsste man die zum Wohle des ganzen Planeten hoffentlich gar nicht anfassen – immerhin ist auch Erdgas eine Kohlendioxidquelle.
Dies ist also wieder ein Buch, das das Thema gegen den Strich bürstet und Denkanstöße liefert – wobei ich selbst mir ein Europa ohne Euro nicht mehr vorstellen mag und auch glaube, dass die Kosten eines Austritts dessen Nutzen überwiegen würden. Zur Sprache muss man sagen, dass sich die Lektoren hier an einigen Stellen durchaus mehr Mühe hätten geben können, flapsige Umgangssprache durch einen sachlicheren Ton zu ersetzen.
Bibilographie: Dirk Müller, Showdown, Der Kampf um Europa und unser Geld. Droemer, München, 2013. Gebunden, 272 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-426-27605-1