Rezension: Was wird in 40 Jahren?

Was in 40 Jahren sein wird, möchte sicher so mancher gerne wissen und tot so mancher auch prognostizieren.Einer von ihnen ist Jorgen Randers, eomer der Mitautoren der „Grenzen des Wachstums“, erschienen 1972. Jorgen Randers hat sich die inzwischen mehrfach (1993 und 2004) aktualisierten und erstaunlich realistischen Weltmodelle der damaligen Prognosen vorgenommen und weitergerechnet – bis zum Jahr 2052. Das Buch beschreibt die Ergebnisse seiner Kalkulationen und seine Interpretation dazu. Interessant ist, dass Randers zu vielen Themen externe Experten gebeten hat, die ihrerseits Einschätzungen und Prognosen liefern, zu denen Randers wiederum Stellung nimmt.
Die Welt, die er für 2052 für uns skizziert, ist noch nicht kollabiert, befindet sich aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auf dem Weg zum selbstverstärkenden Klimakollaps in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts. Die meisten Menschen leben in Städten, hungern nicht und werden noch älter als heute, müssen aber auch länger arbeiten. Die Weltbevölkerung ist endlich auf Schrumpfkurs eingebogen. Die natürlichen Ressourcen sind noch stärker übernutzt als heute, das Meer 30 cm angestiegen. Der Konsum hat in manchen Gegenden stark zugenommen (China, neue Industrieländer, Brasilien, Indien…), anderswo abgenommen (USA/Europa) oder ist erst gar nicht auf die Beine gekommen (nichtindustrialisierte Länder). Armut gibt es immernoch. Nachhaltigkeit ist nicht erreicht, das heißt, es wird mehr Kohlendioxid ausgestoßen als die Atmosphäre verkraftet und mehr verbraucht als nachwächst.
Es gibt Prognosen für einzelne Weltgegenden, die teilweise recht detailliert ausfallen. Runter geht es laut Randers für Teile der globalen Eliten von heute, kaum rauf geht es für viele Einwohner von Staaten, die noch nicht auf dem Weg zur Industrialisierung sind. Europa kommt ganz gut weg, aber mehr Geld gibt es nicht. Das wird von Infrastrukturmaßnahmen aufgefressen. Großer Verlierer sind außerdem die USA. Was ganz schlecht davonkommt, ist die Demokratie mit ihren langen, auf Mehrheiten angewiesenen Entscheidungswegen. Der Autor glaubt deswegen, dass autokratische Regime wie China am Ende bessere Chancen haben, mit dem Klimawandel fertig zu werden. Dort erfordert nicht jedes Windrad jahrelange Diskussionen mit der NIMBY-Fraktion. Das mag so sein, dennoch möchte ich weder auf Demokratie noch auf Nachhaltigkeit verzichten und hoffe immer noch darauf, dass die Menschheit vielleicht irgendwie ihre Vernunft benutzt, um den Karren zu wenden, bevor er richtig im Dreck steckt, und zwar in großer Zahl und demokratisch. Insofern kann man Randers vor allem als einen Aufruf lesen, das, was er prognostiziert wenn irgend möglich zu verhindern – demokratisch, bitte!

Bibliographie: Jorgen Randers: 2052. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre. Gebunden, 430 Seiten, s/w-Grafiken. Oekom-Verlag, München 2013 (2. Auflage 2013), 24,95 €, ISBN 9-783865-813985

SPIEGEL-Artikel: Warum manche downgraden

Verzicht gilt immer noch als eine Art Schwachsinn und noch dazu als wachstumsschädlich. Aber inzwischen interessiert sich sogar der SPIEGEL, sonst eher ein Rückzugsraum für Wachstumsbegeisterte, dafür, warum Menschen sich selbst freiwillig einen nicht konsumorientierten Lebensstil verordnen und konsequent durchziehen. Höchst interessanter Artikel also für jeden, der das dumme Gefühl hat, dass Kleiderschrank, Kühlschrank und Mülltonne notorisch zu voll sind, während sich das Konto konsumhalber viel zu schnell leert.