News aus der Zukunft

Wie bei Data Economy zu lesen ist, verspricht Microsoft, mit Hilfe synthetischer DNA geradezu unvorstellbare Datenmengen in einem einzigen Tropfen synthetischer DNA zu speichern. Die Daten sollen dann auch wieder lesbar sein. Damit, so schreibt das Blatt, ließe sich die Funktionalität eines ganzen Rechenzentrums sozusagen auf der Handfläche tragen. Hoffentlich fällt der Tropfen nicht aus Versehen runter und zerplatzt. So was kommt selbst in den besten Labors ab und zu vor.

Das Internet macht`s möglich: Weltweit kann sich das zahlende Volk (Leute wie Sie und ich) beim Internationalen Verband der Investigativjournalisten (der wohl ohne das Web gar nicht in dieser Form möglich, aber vielleicht auch nicht nötig wäre) über die unverschämte finanzielle High Society nachlesen und sich darüber zu Recht aufregen, dass sie ihr Geld in windigen Offshore-Produkten hart am Rande der Legalität, aber gerade noch auf der richtigen Seite parkt. Mit dabei unter anderem: Alt-Bundeskanzler Schröder und Spielhallen-König Gauselmann. Fazit: Endlich Steuergesetze ändern, damit nicht nur die moderaten Einkommen das Gemeinwohl finanzieren.

Schließlich werden demnächst in Wien wieder die World Summit Awards an die Erfinder der wichtigsten 40 Digitalinnovationen mit Gemeinwohlwirkung verteilt. Leider erscheint die Website in meinem Firefox-Browser als Plain Text – vielleicht ist das ja bei Ihnen anders…

Und jetzt wünsche ich Ihnen eine geruhsame Nacht…

 

Werben für Afrika-Marshallplan

Dr. Gerd Müller, noch  Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, CSU, wirbt für einen Marshallplan für Afrika – auch aus Angst vor neuen Migrationswellen. Europa soll trotzdem weiter wachsen.

“Unfair!“ ist im Juni 2017 erschienen, sozusagen gerade recht zur Bundestagswahl. Das Buch beschreibt, wie sich der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der gerade noch amtierenden Bundesregierung die Zusammenarbeit mit Afrika vorstellt. Grundthese ist, dass die Situation in vielen afrikanischen Ländern kritisch ist, aber auch große Chancen birgt. Das größte Risiko sieht Müller darin, dass die rapide zunehmende Zahl junger Menschen in Afrika keine Arbeit und kein Auskommen findet und sich deswegen in Form neuer Migrationswellen auf den Weg nach Norden macht.

Davor möchte Müller Europa zuvorderst bewahren, das wiederholt er immer wieder. Denn, so schreibt er ebenfalls mehrfach, das Handy und das Internet zeigen so ziemlich jedem jungen Menschen genau, wie Menschen in Europa leben – nämlich in einem für afrikanische Verhältnisse geradezu unglaublichen Wohlstand. Das entfalte einen unwiderstehlichen Sog, und dagegen gelte es etwas zu tun, indem man das Leben in diesen Ländern lebenswert macht. Dazu brauche man zuvörderst Bildung und Wirtschaftswachstum in jenen Ländern, um auch ihnen Konsum-, Arbeits- und Karrieremöglichkeiten zu eröffnen. Es ist einer der Pluspunkte des Buches, dass Müller in seinen Beschreibungen immer wieder die geradezu unvorstellbare Diskrepanz zwischen den tradierten Lebensformen in Entwicklungsökonomien und dem Digitalzeitalter deutlich macht, in das die junge afrikanische Generation übergangslos hineinkatapultiert wird.

Gleichzeitig mit dem angestrebten afrikanischen Wachstum soll aber die industrialisierte Welt ihren Wohlstand behalten dürfen. Da dies unter gegenwärtigem Vorzeichen nicht möglich ist, weil man dafür etwa vier Erden brauchen würde, soll es vor allem Innovation und eine Effizienzrevolution richten. Wie das gelingen soll, ist derzeit schleierhaft – sind doch die Emissionen momentan noch immer im Steigen begriffen. Hier ist Müller ein nahezu unbegrenzter Optimist: Schließlich gebe es genügend fruchtbare Flächen, Solarenergie und anderes mehr in Afrika, um den dortigen Ökonomien zu ermöglichen, sich selbst zu tragen. Die Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch beziehungsweise CO2-Ausstoß hält Müller anscheinend nicht für ein Problem – entgegen der Einstellung vieler Fachwissenschaftler, die tiefe Eingriffe auch ins Verhalten der industrialisierten Länder und ihrer Bewohner fordern, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen.

Müller fordert ein Vorwärts zu einer ökosozialen Marktwirtschaft, in der sich die Akteure im Rahmen gesetzlicher und regulatorischer Schranken mehr oder weniger frei entfalten können, ohne die Umwelt zu ruinieren. Auch die Landwirtschaft soll sich ökologisch und nach den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft organisieren.

Schließlich verweist Müller auf Religion und Weltethos als Leitplanken für das menschliche Verhalten. Er sieht den Säkularismus der westlichen Demokratien eher als Ausnahmeerscheinung im weltweiten Kontext, kommt aber merkwürdigerweise nicht auf die religiösen Irrläufer zu sprechen, die die Welt derzeit im Namen des religiösen Fundamentalismus mit bewaffneten Auseinandersetzungen und Terror überziehen.

Das Buch gliedert sich in drei große Abschnitte, deren erster in mehreren Kapiteln eine Situationsbeschreibung des derzeitigen status quo der Welt liefert. Teil zwei liefert die Rezepte dafür, wie die unbefriedigende Situation zu beheben wäre. Teil drei beschreibt die angestrebten Zielzustände. Jeder Teil ist in mehrere Kapitel unterteilt, die sich jeweils mit Einzelthemen befassen. Jedes Kapitel wird durch einige zusammenfassende Thesen eingeleitet. Die Sprache ist anschaulich, Fachchinesisch ist in dieser Lektüre kein Problem.

Am Ende des Buches stehen eine thesenartige Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte und zehn „Gebote“ für die Welt von morgen. In ihnen nehmen religiöse Inhalte erstaunlich viel Raum ein. Dies besonders, wenn man bedenkt, dass sich in der derzeit kriegerischsten Region der Welt, dem Nahe Osten, sich seit vielen Jahren die Anhänger diverser Religionen und Religionsvarianten erbitterte Kämpfe um Raum, Vorherrschaft und kulturelle Identität liefern, was den betreffenden Gegenden mitnichten irgendwelche Entwicklung beschert hat.

Bibliographie: Dr. Gerd Müller: Unfair! Für eine gerechte Globalisierung. Murmann-Verlag, Juni 2017. Gebunden, 194 Seiten, 19,90 Euro. ISBN 978-3-86774-579-6