Retten wir den Regenwald?

Rechtzeitig zur Klimakonferenz inParis ist ein neuer Bericht an den Club of Rome im oekom-Verlag erschienen. Diesmal geht es um den Regenwald und seine schrittweise Zerstörung seit Beginn der Kolonisierung. Im Gegensatz zu den häufig pauschalisierenden Darstellungen geht das Buch von Claude Martin, der sich seit Jahrzehnten, unter anderem als Direktor des WWF, um die Erhaltung der Regenwälder bemüht, ins Detail. Wir erfahren, welchen Mustern die Abholzung oder Degradierung des Regenwaldes in jeder der großen geografischen Regionen folgt, warum es so schwierig ist, ein Bild von der tatsächlich verbliebenen Menge Regenwald zu gewinnen, welche Rolle bei der Regenwaldzerstörung unterschiedliche wirtschaftliche Aktivitäten spielen und warum der Regenwald überhaupt wichtig ist. Und wir hören von den vorhandenen Hoffnungsschimmern, die es möglich machen könnten, die einzigartige Ressource Regenwald für die Zukunft zu erhalten. Dies alles in einer anschaulichen, aber trotzdem fachlich korrekten Sprache und unterlegt mit Bildmaterial, das die Texte anschaulich werden lässt. An verschiedenen Stellen sind wenige Seiten lange Stellungnahmen von Spezialisten zu unterschiedlichen Themen in den Text eingestreut. Den Abschluss bilden 17 „Kernbotschaften für die Zukunft“ zu den Themen Naturschutz, Strategie sowie Allianzen und Partnerschaften, die beschreiben, welche politischen Strategien und Maßnahmen helfen könnten, den Regenwald zu erhalten. Im Anhang erfahren die Leser Details über Messmethoden der Waldabdeckung und ihre Ergebnisse, lernen unterschiedliche Waldklassifizierungssysteme kennen, können in einem Glossar wichtige Begriffe aus dem Text nachschlagen und im ausführlichen Quellenregister Sekundärliteratur nachschlagen. Ein Stichwortverzeichnis erleichtert es, Informationen zu spezifischen Details zu finden. Wer wirklich wissen will, was mit den Regenwäldern geschieht und wie es um sie steht, ist mit diesem anspruchsvoll ausgestatteten Buch aus klimaneutral produzierten Buch gut bedient.

Bibliographische Angaben: Claude Martin, Endspiel. Wie wir das Schicksal der tropischen Regenwälder noch wenden können. Der neue Bericht an den Club of Rome. Oekom-Verlag, München, 2015. 351 Seiten, gebunden, zahlreiche Abbildungen, ausführliches Quellen- und Stichwortverzeichnis. ISBN9-783865-817082, 22,95 Euro.

Ein tiefer Blick hinter die Kulissen des in Deutschland boomenden Wirtschaftszweiges Prostitution

Nicht immer geht es beim Thema Nachhaltigkeit und anderes Wirtschaften nur um die Neuorientierung industrieller Produktion. Wer wirklich anders und gerechter wirtchaften will, muss auch im Auge behalten, welche Art von Arbeit wie auf die Geschlechter verteilt wird und was das über die gegenwärtigen Geschlechterverhältnisse aussagt. Ein Beispiel dafür ist die Prostitution, ein Berufszweig, der weit überwiegend von Frauen ausgeübt, dessen gewinne aber ebenfalls weit überwiegend von Männern abgeschöpft werden.
In Deutschland wurde Prostitution mit der rot-grünen Reform vom Anfang des Jahrtausends zum Wirtschaftszweig wie jeder andere ernannt, was Prostituierten das Leben erleichtern sollte. Gut gemeint, aber von einer im Nachhinein geradezu erschütternden Naivität geprägt, ging dieses Gesetz gründlich daneben. Zwar trat so gut wie keine Prostituierte wie erträumt in die Sozialversicherungen ein. Dafür sorgte die neue rechtliche Lage dafür, dass in Deutschland Riesenbordelle entstanden, in denen Massen von Prostituierten, größtenteils zwangsimportiert aus anderen Ländern, für unsägliche Honorare Dienst am häufig per Bus aus strengeren Nachbarländern angekarrten und in der Regel männlichen Kunden tun. Gelegentlich werden in solchen Einrichtungen Bier, Bockwurst und Frauen satt für unter zehn Euro angepriesen.
Durch diese Zustände induziert, ist seit dem vergangenen Jahr im Rahmen einer geplanten rechtlichen Neuregelung hierzulande eine intensive Debatte über die rechtliche Handhabung von Prostitution entbrannt. Das Buch der irischen Ex-Prostituierten Rachel Moran lässt sich als Beitrag zu dieser Debatte lesen. Moran arbeitete selbst im Alter von 14 bis 22 Jahren in Irland als Prostituierte in verschiedenen Settings und kennt daher die Branche aus eigener Erfahrung. Im Gegensatz zu vielen anderen, die das Thema heute in Talkshows diskutieren, analysiert sie die Auswirkungen, die diese Berufstätigkeit auf ihr Seelenleben hatte und hat, und die psychischen Voraussetzungen, die es ihr überhaupt attraktiv erscheinen ließen, in die Prostitution einzusteigen, in begrüßenswert schonungsloser Deutlichkeit.
Manchmal ist es harter Tobak, wenn sie beschreibt, wie Dissoziation –also die Trennung zwischen Selbst und eigenem Handeln – die Grundvoraussetzung dafür ist, für Geld sexuelle Dienstleistungen zu vollziehen. Die drei wichtigsten Qualifikationen, die sie für ihre Tätigkeit brauchte, beschreibt sie an einer Stelle so: „die Fähigkeit, den eigenen Würgereflex zu kontrollieren“ (beim Oralsex mit Männern), „die Fähigkeit, den Drang zum Weinen zu unterbinden“ und „die Fähigkeit sich vorzustellen, die aktuelle Realität sei nicht echt“. Die Folge sind häufig posttraumatische Belastungsstörungen, die die Opfer oft lebenslang begleiten. Moran setzt sich auch damit auseinander, warum in der Öffentlichkeit immer wieder Prostituierte, Bordellbetreiber und andere auftreten, die diesen Job als Arbeit wie jede andere verteidigen oder andere Auffassungen verbreiten, die Moran kurz und bündig als „Prostitutions-Mythen“ bezeichnet. Wer immer über die richtige Regulierung der sogenannten Sexarbeit nachdenkt, sollte diesen Text kennen und in die eigenen Erwägungen zu dem Thema einbeziehen.

Bibliographische Angaben: Rachel Moran: Was vom Menschen übrigbleibt. Die Wahrheit über Prostitution. Aus dem Englischen übertragen von Maria Heydel. Tectum-Verlag, Marburg, 2015. Broschiert, 387 Seiten. ISBN 978-3-8288-3458-3, 17,95 Euro

Andere (Wasser)wirtschaft online – Simulationspiel

Auch anderewirtschaft denkt zur Zeit der Gamescom in Köln ans Gaming und stellt deshalb das Online-Simulationsspiel Anawak vor. Darin soll man lernen, wie die Ressource Wasser unter unterschiedlichen Klimabedingungen verwaltet werden kann. Berücksichtigt werden unterschiedliche Schwerpunktsetzungen (Wirtschaft, Gesellschaft, Ökologie), unterschiedliche Nutzerinteressen etc. und man kann sehen, wie sich verschiedene Maßnahmen auswirken. Ein zwei Minuten langer Einführungsfilm gibt einen ersten Eindruck. Geballert wird bei diesem Spiel übrigens nicht, und Außerirdische, Zauberspiegel, -stäbe oder sonstiges magische Gerümpel muss leider draußen bleiben. Wen`s interessiert, findet unter FAQ eine detaillierte Dokumentation, in der auch die programmiertechnischen Grundlagen des Spiels erklärt werden. Entwickelt wurde es vom Innovationsnetzwerk des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. und dem Innovationsnetzwerkes Klimaanpassung Brandenburg Berlin (INKA BB). Wer Ballerspiele gewohnt ist, dem ist das Spiel wahrscheinlich zu langweilig, wer sich für Wasser interessiert und om Bildschirm noch nicht genug hat, sollte es ausprobieren.